Psalms 101

Text: Psalm 101,1-8 Der 101. Psalm hat die Überschrift: Ein Psalm Davids. In den meisten deutschen Bibeln hat er die Aufschrift: Davids Regenten=Spiegel. Man kann ihn aber auch sonst in ein jedes kleines Haus als eine Haustafel gebrauchen, und sich täglich darin ersehen, ob es nach GOttes Gnade und Recht im Haß des Argen und im Anhangen ans Gute wacker fortgehe ? Wenn man eine Einteilung machen will, so könnte man etwa sagen, daß im 1. und 2. Vers die Absicht auf GOtt und den mit seiner Erkenntnis gelegten Grund; im 3. 4. hernach die Absicht auf David selbst und die Reinigkeit seines Herzens, und dann V.5-8. die Absicht auf Andere, und das Verhalten gegen sie merklich vorgeschlagen. Man kann ihn aber auch gar füglich ohne weitere Einteilung lassen, und darin wie in einem Spiegel oder Tafel auf einmal erblicken, was zu GOtt gefälliger Regierung eines Landes oder auch eines Hauses gehöre. Der Grund von aller Regierung GOttes ist sein weisliches Temperament von Gnade und Recht. Wer an allen Worten und Werken GOttes Gnade und Recht kennen lernt, und beider Wirkung an sich redlich aushält, der ist auf der rechten Spur. Und das gibt hernach auch das rechte Augenmaß zur Regierung und Behandlung Anderer, sonst wirds zu scharf oder zu nachlässig, sonst richtet es Erbitterung oder Leichtsinn an. Gnade und Recht beisammen tut gut. Vorsicht und Wachsamkeit brauchts. In der Unordnung und schnellen Unbedachtsamkeit hat die Sünde ein Hauptnest. Durch Unordnung kann sie sich in einem Menschen und in einem Haus lang verbergen, und darunter das Gute gewaltiglich hindern. Darum heißt es so oft eine Torheit; die Furcht des HErrn hingegen der Weisheit Anfang. Darum war es auch so oft des Heilands Wort: Seht euch für, habt Acht auf euch. Vorsichtigkeit und Redlichkeit ist bei den Kindern der himmlischen Weisheit beisammen. Der Welt ihre vermeinte Vorsichtigkeit besteht in Falschheit, und darin verstrickt man sich selbst. Je redlicher oder einfältiger einer Ist, desto vorsichtiger wird er bei dem Hauptumstand sein: wie er in seinem Hause wandle. Oft handeln die Menschen unter Andern ganz anders, als in ihrem Hause, können gegen Andere gelind und nachgebend sein, lassen die Härtigkeit und Bitterkeit erst gegen die, die in ihrem Hause sind, heraus. Wer sich recht will kennen lernen, der gebe nur Achtung, wie er in seinem Hause wandelt. Da handelt man bei so täglichen Anläufen aus seinem nächsten Herzensgrund heraus, da zeigt sichs also, wie viel von Gnade und Recht, von Weisheit, Vorsichtigkeit, Redlichkeit, Liebe, Ernst, Festigkeit in einem sei. Über der Reinigkeit des Herzens, keine böse Sache auch nur in Vorsatz zu nehmen, soll man genau wachen. Denn hat sich nur einmal was Unrichtiges in den Vorsatz eingedrungen, so sinnt man bald auf Mittel, es unter dem Schein des Rechts auszuführen, und es mir Hintansetzung des Gewissens durchzutreiben. Wer glauben kann, daß GOtt der Allerhöchste große Dinge tut, durch die Demütigen, der wird sich der Leute von stolzen Gebärden und Hochmut entschlagen, und mit eigenen Augen und eigener Prüfung nach den Treuen im Lande sehen; fromme Diener aber auch so halten, daß sie bestehen können, und ihnen durch das Vertilgen der Gottlosen Raum machen, daß sie gedeihen können.
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